Schüleraustausch mit Frankreich: Berichte

Austauschfahrt zum Collège Sacré-Coeur 1988

   Die folgenden Texte verfaßten Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Anschluß an eine Schüler-Austauschfahrt zum Collège Sacré-Coeur in Evron. Ihre Texte wurden im Rahmen des Projekts "Zeitung in der Schule" am 28.11.1988 in der "Nordwest-Zeitung" Oldenburg veröffentlicht.

Übersicht


Evron - gemütlich französisch

Silhouette unserer Partnerstadt in der Mayenne

Von Dominik Butzmann

   Erwartet hatten wir, infolge der Darstellungen unserer Lehrer, von vornherein nur ein ländliches, ruhiges Städtchen. Nachdem wir Evron zwei Wochen später wieder verließen, waren diese Vorstellungen in bezug auf "ruhig" und (äußerlich) "ländlich" weitgehend bestätigt. Die Häuser der Stadt waren allerdings mehr ein bißchen materiell überaltert als ländlich zu beschreiben, die Bevölkerung jedenfalls gibt sich alle Mühe, dem Ganzen etwas mehr Schwung zu geben. Gelungen ist dies ansatzweise in der Innenstadt; ein schon annähernd als "groß" zu bezeichnendes Einkaufsgebiet, mehrere Café-Bars und einige, wenn auch wenige, aber grellbunte Leuchtreklamen machen dies deutlich. Das Stadtbild ist trotz allem typisch französisch: Bäckereien zuhauf, Kruzifixe an jedem freien Platz und natürlich der allseits beliebte und hochgelobte Kreisverkehr.

   Zum Wochenendvergnügen, dies muß betont werden, gibt es in Evron inzwischen Einrichtungen wie einen Minigolfplatz (ganzjährig bis auf den Sommer geschlossen), einen Campingplatz, ausgedehnte Sportanlagen mit Spaßbad (in Prospekten dreimal so groß wie in Wirklichkeit) und ein ganzes Tischfußballspiel in der City.

   Ein erwähnenswert positives Kapitel für sich ist auch der Wochenmarkt, der jeden Donnerstag stattfindet: Ganz abgesperrte Straßenzüge, Musik in allen Ecken und Unmengen von Gemüse, Käse, Gebäck (Crêpes) sowie auch Kleider und auch sonst viel beliebt Nutzloses: insgesamt eine Erscheinung, die den Besucher, der das allgemein als kärglich bekannte Wildeshauser Marktgeschehen gewöhnt ist, angenehm überrascht.

   Die 6.772 Einwohner begegneten uns recht freundlich, wenn auch etwas abgeklärt - ein Deutscher ist dort eben nichts Aufregendes mehr. Dies ist sicher auch ein Zeichen dafür, wie gut die Kontakte mit Evron funktionieren, einer Stadt, die Wildeshausen durchaus ebenbürtig, höhenmäßig (114 m) sogar überlegen ist.

zur Übersicht


Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Schulalltag in Evron - Warum sind französische Schüler so klein?

Von Stefanie Andräß und Kerstin Willms

   9.00 Uhr. Heute ist unser erster Tag in der Privatschule Sacré-Coeur. Auf deutsch heißt das soviel wie "Heiliges Herz", denn bis 1983 wurde im "Collège" noch von Nonnen unterrichtet. Das Gebäude selber ist schon knapp 200 Jahre alt. Ungefähr 450 Schüler aus Evron und der Umgebung gehen hier in die Klassen 7-10 (6e-3e). Gerade klingelt es. Leicht amüsiert, aber auch verwundert beobachten wir, wie sich die Schüler klassenweise der Reihe nach im Schulhof aufstellen, um dort auf ihren Lehrer zu warten, der dann mit ihnen zusammen in den Klassenraum geht. Diese sind schlicht und nur mit dem nötigsten eingerichtet. Besonders auffällig sind die Kruzifixe, die in jedem Raum an der Wand hängen.

   In der ersten Stunde haben wir eine Mischung aus Erdkunde und Geschichte. Die Lehrerin gibt gerade eine Arbeit zurück. Dabei spricht sie jede einzelne mit den Schülern durch. Die guten unter ihnen werden gelobt, die Schlechten jedoch vor der ganzen Klasse beschimpft und heruntergemacht. So kommt es auch mal vor, daß sich die Schüler Anschuldigungen, wie: "Du bist nur noch auf dieser Schule, weil Deine Eltern es wollen" gefallen lassen müssen. Die katholischen Privatschulen, die in Frankreich in starker Konkurrenz zu den staatlichen Schulen leben, haben nämlich den Ehrgeiz, ihre Schüler besonders gut auf das weiterführende "Lycée", die gymnasiale Oberstufe, vorzubereiten. So kommt es bisweilen vor, daß ¾ einer Klasse dieses Ziel erreichen. Erst auf dem Gymnasium, das drei Klassenstufen umfaßt (2nde bis Terminale), werden die Schüler wie Erwachsene behandelt. Sie stehen plötzlich nicht mehr unter so großem Lernzwang, denn nun ist es den Lehrern egal, ob der einzelne das Klassenziel erreicht oder nicht. In Frankreich gibt es die Noten 0 bis 20, wobei 20 wohl die beliebteste ist.

   Nach 55 Minuten Unterricht haben wir schließlich die erste große Pause. Wir müssen alle in den Schulhof hinuntergehen, und die Klasse wird sorgfältig abgeschlossen. Doch kaum sind wir unten angekommen, klingelt es auch schon wieder zur nächsten Stunde: "Étude". Étude heißt übersetzt "Studieren". In diesen Stunden sind mehrere Klassen, die keinen Unterricht haben, in einem großen Raum, in dem sie ihre Hausaufgaben machen sollen. Sie werden dabei von einer "Surveillante" (Aufpasserin) beaufsichtigt.

   Endlich, um 12.00 Uhr, klingelt es zur Mittagspause. Die Schüler, die zu weit entfernt wohnen, um nach Hause zu gehen, essen in der Kantine. Obwohl es noch ziemlich früh ist, freuen wir uns doch schon auf eine warme Mahlzeit. Das sollte sich jedoch innerhalb der nächsten Viertelstunde ziemlich ändern. Auch ohne viele Worte stimmen die Franzosen und die Deutschen darin überein, daß das Essen nicht so besonders ist (vielleicht ist das der Grund, warum die gleichaltrigen Franzosen oftmals einen Kopf kleiner sind als wir?!). Zu unserm großen Unglück müssen wir dann auch noch alles restlos aufessen. Anschließend bleibt noch eine knappe Stunde Zeit, bis der Unterricht um 13.30 Uhr wieder beginnt. Viele Möglichkeiten, etwas zu unternehmen, haben wir nicht. Der Schulhof darf nicht verlassen werden, und die 16 m² große Bücherei hat nur zweimal in der Woche geöffnet.

   Doch auch diese Wartezeit geht vorüber, und es klingelt wieder zum Unterricht. Die nächsten beiden Stunden (Mathematik und Französisch) sind für uns weniger interessant, da wir nicht sehr viel von dem verstehen, was die Lehrer erzählen. Um 15.30 Uhr fängt dann die Englischstunde an, allerdings nur für einen Teil der Klasse, denn manche andere haben auch Spanisch gewählt. Neben diesen beiden Fremdsprachen stehen am "Sacré-Coeur" noch Deutsch und Latein zur Auswahl. In der Englischstunde nehmen wir heute zum ersten Mal aktiv am Unterricht teil. Die Schüler fragen uns über unsere Hobbies, unsere Schule und über Deutschland aus. Einige Mißverständnisse bleiben da allerdings auch nicht aus. So dachten wir einmal, "What ambitions have you got?" heiße, was für Haustiere wir hätten. Gemeint war aber, was wir später werden wollten. Da war die Antwort "Wellensittich" wohl etwas unpassend.

   Als letzte Stunde haben wir nun Musik. Mademoiselle Lechat verdunkelt soeben den Raum und legt eine Videocassette über den berühmten französischen Sänger Jacques Brel ein. Obwohl immer nur zwei Deutsche in eine Klasse dürfen, um den Unterrichtsverlauf nicht zu stören, drehen sich die Gespräche der Französinnen und Franzosen mehr um uns als um Jacques Brel, und wir sind die ganze Zeit damit beschäftigt, auf Griffelmappen und in Bücher zu unterschreiben, bis um 17.30 Uhr endlich Schulschluß ist.

   Erleichtert, den ersten Tag am "Sacré-Coeur" so gut überstanden zu haben, verabschieden wir uns von unserer Klasse, um endlich nach Hause zu fahren.

zur Übersicht


Offene und herzliche Begegnungen

Nur bei Eßgewohnheiten anfangs Probleme.

Von Carsten Böttjer

   Über die Gastfreundschaft und das Familienleben der Franzosen zu berichten, ist eine Sache, die Spaß machen muß und die nur positiv ausfallen kann.

   Nach der Ankunft in Evron, abends um 7 Uhr, trennten sich die Wege der deutschen Gastschüler; sie kamen in ihre Gastfamilien. Jeder war ein wenig nervös, denn noch wußte keiner, wie die Gasteltern und -geschwister sich gegenüber den deutschen Austauschschülern verhalten würden.

   Es stellte sich heraus, daß diese Nervosität absolut überflüssig war. Die deutschen Gastschüler wurden von der ersten Minute an in das französische Familienleben integriert, als wenn sie schon jahrelang in der Familie leben würden. Dabei bedurfte es bei den Deutschen und den Franzosen natürlich einiger Anpassung, denn das Leben, vor allem die Mahlzeiten und Eßgewohnheiten der beiden Länder, unterscheiden sich doch stark voneinander. Dabei sollte man nicht vergessen, daß die deutschen Austauschschüler als Gäste natürlich einige Privilegien zugesprochen bekamen, die alle gern über sich ergehen ließen. Die Franzosen begegneten uns mit einer Herzlichkeit und Offenheit, daß man es sich nicht besser hätte vorstellen können.

   Die außerfamiliären Kontakte waren wie erwartet positiv. Viele junge Franzosen kamen auf uns zu und begrüßten uns herzlich. Schnell hatten wir viele neue Freunde in Evron gewonnen. Dabei wurden wir übergangslos in die Schulgemeinschaft der Franzosen integriert.

   Zusammenfassend kann man sagen, daß die zweiwöchige Reise in Sachen "Begegnungen und Kontakte" ein hundertprozentiger Erfolg war. Deshalb fiel uns und den Franzosen der Abschied noch schwerer als erwartet (sehr, sehr schwer...).

zur Übersicht


Piraterie in St. Malo

Bemerkenswertes aus einer Seefahrerstadt

Von Martin Brandt und Dominik Butzmann

   In der zweiten Woche unseres Frankreichaufenthalts fuhren wir an die bretonische Atlantikküste; dabei war St. Malo die zweite Station und, für uns, der interessantere Teil des Ganzen, nach der Visite beim weithin bekannten Mont St. Michel. Dem im Hafen geparkten Bus entsprungen, kletterten wir auf die die Altstadt umgebende Festungsmauer. Der beeindruckende Blick auf den Atlantik animierte viele zum Fotografieren; danach durchforschte der größte Teil der Truppe die Innenstadt, während wir eine Tour in die Klippen machten. Weiterhin bestand die Möglichkeit eines Besuches des Seeaquariums. Wer dreist genug war, den Ausgang als Eingang zu benutzen, brauchte nicht einmal zu bezahlen.

   Die Innenstadt bestand hauptsächlich aus Imbißstuben und Souvenirläden; an den Wucherpreisen ließ sich die Piratenvergangenheit der Stadt erahnen. Die malerischen Häuser lassen nicht erkennen, daß die alte Seefahrerstadt, von der schon 1534 Jacques Cartier nach Kanada aufbrach (warum auch immer), im 2. Weltkrieg zu 80% abgebrannt war. Erwähnenswert sind auch der weitläufige Sandstrand sowie der zum Bersten volle Jachthafen, von dem auch mehrere Fähren nach England ausgehen.

   Ganz gleich, ob man von dort - von England - oder direkt von zuhause in diese Stadt reist: Bei jedem wird St. Malo einen besonderen, positiven Eindruck hinterlassen; sei es wegen der exotischen Schiffe und Autos, der nahegelegenen Felsenküste der Bretagne oder der malerischen Altstadt.

zur Übersicht


Besuch im Automekka

Auf den Spuren Niki Laudas

Von Martin Brandt

   Hauptsächlich den Autofreaks ist Le Mans ja schon durch die gleichnamigen "24 Stunden" bekannt. Aber auch mit anderen Sehenswürdigkeiten kann die Stadt dienen, wie z.B. der Kathedrale "St. Julien"; ebenso hünenhaft sind der Supermarkt (leicht außerhalb gelegen) und die Innenstadt (für einige sehr schlecht zu finden).

   Aber das Größte ist noch immer die Rennstrecke und das dazu gehörende Automuseum, und in genau dem tummeln sich neben echten Oldtimern und schnittigen Rennautos auch Klassiker, die auf so klangvolle Namen hören, wie Ferrari, Cadillac, Porsche, Jaguar, Rolls Royce und Mitsubishi. Diese Geschosse, alle zusammen bestimmt mehrere Millionen wert, stehen dort sorgfältig aufgereiht und (mehr oder minder) abgestaubt, eine Schande bei Wagen, die, alle zum Ruhme der Menschheit, dazu erbaut wurden, um durch Steilkurven zu rasen, mit ihrem röhrenden Sound jeden Autofetischisten zu betören und Sprit literweise in Abgase (dabei sei gesagt: Es wurden auch Kats gesichtet - allerdings nicht in Frankreich) und reine Energie zu verwandeln, die die Wagen mit Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h über den Asphalt treibt.

   Auf der Rennbahn selbst war mehr "tote Hose", aber man konnte förmlich die Menge johlender PS-Fanatiker hören, die sich über jedes Überholmanöver, jeden Grand-Prix-Gewinn und jeden Überschlag enthusiastisch freuten. Ich weiß zwar nicht, wie man für nur knapp 5 km 24 Stunden brauchen kann, aber es war ein gelungener Ausflug.

zur Übersicht


Salut, bonjour, et à bientôt!

Von Annika Fuchs und Bernd Kaufmann

   Nach ungefähr vierzehn Stunden aufreibender Busfahrt erreichten wir, 42 Schüler der 9. und 10. Klassen des Gymnasium Wildeshausen, das Ortsschild unserer Partnerstadt Evron. Hier angekommen, wurden wir von unseren Gastfamilien erwartungsvoll empfangen. Am nächsten Morgen, in dessen Verlauf wir vom Bürgermeister begrüßt wurden, tauschten wir aufgeregt unsere ersten Eindrücke aus. In den nächsten Tagen der ersten Woche hatten wir, außer dem Besuch der Basilika und eines Bauernhofes, viel Zeit, um uns mit den Franzosen und ihrer Schule vertraut zu machen. In der zweiten, ereignisreicheren Woche, an deren Schluß ein Abschiedsabend stand, waren Höhepunkte der Besuch von St. Malo sowie eine Fahrt nach Le Mans (neben anderen Ausflügen). Innig auf ein Wiedersehen hoffend, verließ die deutsche Gruppe nach zwei aufregenden Wochen das Département Mayenne.

zur Übersicht


Copyright © 1996 Gymnasium Wildeshausen