Aus dem Deutschunterricht:
ZiSch-Projekt "Kinder!! - Nein danke?"
PRO und CONTRA:
Anonyme Geburt - Fluch oder Segen?
Von Melina Thomas und Jonas Hiltrop
Heftig umstritten ist das neue Angebot zahlreicher Krankenhäuser in Deutschland: Frauen können als "Namenlose" entbinden. Auch in unserer Nähe - in Aurich und Westerstede - ist das seit Sommer 2001 möglich. Das war für uns Anlass, die Vor- und Nachteile der Anonymen Geburt zu überdenken und sie als Gegenüberstellung zu präsentieren. (Siehe auch STICHWORT)
PRO
- Das Aussetzen oder "Wegwerfen" eines in Kindes ist nicht mit der menschlichen Ethik vereinbar, doch ohne die Einführung der Anonymen Geburt, bei der das Baby gut behütet und außer Lebensgefahr wäre, ist das "Entsorgen" des Kindes oft der letzte Ausweg, wie wir häufig in den Medien zu hören bekommen.
- Es gibt keine ernst zu nehmenden Alternativen zur Anonymen Geburt, denn in der "Babyklappe" muss die Mutter ihr Kind alleine zur Welt bringen, wodurch sie ihr eigenes und das Leben ihres Kindes in Gefahr bringt.
- Die deutschen Krankenhäuser, die Anonyme Geburten probeweise praktizierten, sind mit dem Ergebnis des Tests sehr zufrieden und gewillt, diesen Service auch weiterhin anzubieten.
- Die Anonyme Geburt ist für viele Paare und Ehepaare, die sich Kinder wünschen, was ihnen jedoch aus biologischen Gründen nicht erfüllt werden kann, sehr von Vorteil, da sie dann die Möglichkeit hätten, ein anonym geborenes Kind zu adoptieren und ihm eine Zukunft zu geben.
- Der wichtigste Grund, der für eine gesetzlich anerkannte Durchführung von Anonymen Geburten spricht, ist, dass Leben gerettet werden könnten.
CONTRA
- Schwangere Frauen sollten ermutigt werden, in Notlagen frühzeitig Hilfen anzunehmen: Der Entschluss, ein Kind zur Adoption freizugeben, sollte in der Gesellschaft stärker toleriert werden, denn dann gäbe es auch keinen Grund zur Flucht in die Anonymität.
- Junge Leute werden weniger vorsichtiger beim Geschlechtsverkehr handeln, da sie sich im Falle einer Schwangerschaft für nichts verantworten müssen, wenn die Möglichkeit besteht, ihr Kind ohne Preisgabe der Identität zur Welt zu bringen und zur Adoption freizugeben.
- Junge Eltern gelangen durch die Anonyme Geburt aus Bequemlichkeit eher zu dem Entschluss, ihr Kind, im Falle einer sozial und/oder finanziell belasteten Situation abzugeben, anstatt sich mühsam mit dem Nachwuchs durchzukämpfen.
- Die Relation zwischen dem "Angebot" an Kindern, die adoptiert werden können, und der "Nachfrage", also den potenziellen Adoptiveltern, könnte sich drastisch verändern. Möglicherweise müssten die hohen Ansprüche an die Pflegeeltern gesenkt werden, weil es sonst nicht mehr genügend Paare gäbe, die in der Lage wären, ein Kind aufzunehmen.
- Der Protest der französischen Kinder, die "unter X geboren" sind (siehe STICHWORT), zeigt, wie menschenunwürdig diese Methode ist: Viele kommen mit der Situation nicht zu Recht, weil sie nicht wissen, woher sie stammen und wo ihre biologischen Wurzeln liegen.
Bei der Anonymen Geburt kann die schwangere Frau ihr Kind in einem Krankenhaus unter ärztlicher Betreuung zur Welt bringen, ohne ihre Identität preisgeben zu müssen. Die Methode ist eine ernst zu nehmende Alternative zur "Babyklappe", weil dadurch die Risiken bei der Geburt für die Mutter und für das Kind deutlich herabgesetzt werden können.
Die Legalisierung dieser Alternative ist in Deutschland allerdings noch umstritten. Trotzdem bieten inzwischen einzelne Krankenhäuser Anonyme Geburten unter behördlicher Duldung an.
Im Gegensatz dazu wird dieser Service in Frankreich schon seit 1941 legal praktiziert. Dort werden die auf diese Weise zur Welt gekommenen Kinder "unter X geboren" geführt, weil die Registrierung der Identität eines Kindes so in einer Akte des Einwohnermeldeamtes festgehalten wird.
Etwa 400 000 Franzosen haben diesen Aktenvermerk. Viele von ihnen kämpfen nun für ein Verbot der Anonymen Geburt.
(Das Stichwort haben zusammengetragen: Melina Thomas und Christin Scheve
Ihre Quellen: Die ARD-Sendung "Report Mainz" vom 28. Mai 2001 (www.swr.de/report) und www.sternipark.de)
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